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Hier wächst nichts

Hier wächst nichts kann man gut in einem Rutsch durchlesen, muss man aber nicht. Die kurzen Kapitel widmen sich verschiedenen Themen, die viele Gartenbesitzer bewegen.

Die Gefahr von Giftpflanzen bewegt vor allem Eltern kleiner Kinder. Hier wird über übermäßig besorgte Eltern hergezogen (S. 10ff.) und sarkastische Gegenvorschläge wie die fiktive Neuzüchtung Pyracantha coccineia „Softdorn“ (S. 54) gemacht. Gelassene Gärtner weisen besorgte Eltern darauf hin, dass die unbekömmlichen Pflanzenteile attraktiv aussehen, aber nicht gut schmecken. Deshalb ist es äußerst unwahrscheinlich, dass Kinder sich ernsthaft vergiften, bevor sie feststellen, dass die Pflanzenteile nicht schmecken.

Eine weiteres Thema ist der Garten als Lifestyleprodukt mit Dekoartikeln von „Meier. Outdoor Living“, einem Laden für Gartenbedarf, der jetzt keine nützlichen Dinge mehr verkauft, aber dafür jeglichen Nippes, (S. 46). Easy Gardening (S. 43) ist ein Abgesang auf Hochglanzbücher, in denen das Gärtnern immer entspannt und stressfrei vor sich geht. Die Autoren wissen aus eigener Erfahrung, dass das nicht so ist. Auch mit dem Märchen vom Goldenen Kompost wird mit drastischen Bildern aufgeräumt. (S. 58ff.) Auch wenn ohne Humus nix geht im Garten (S.58ff.), ist es gar nicht so einfach ihn zu erzeugen, Dinge, die nur vermeintlich auf den Kompost gehören, wird man immer wieder ans Tageslicht wenden. Der Trend, Gartenstile anderer Kulturen zu importieren,wird auch durch den Fleischwolf gedreht: Wo weder Kunden noch Ausführende Kenntnisse über die fernöstliche Gartenkultur, aber jede Menge Klischees davon im Kopf haben, wird eben ausgewürfelt, wie die Elemente auf der Fläche verteilt werden (S. 77). Das nächste Kapitel stellt vor, wie japanische Gärten wirklich aussehen.

Die beiden Autoren schöpfen aus ihrer Erfahrung und nennen die drei, nein, fünf, ach, gleich neun besten Rosen für den Garten und beschreiben sie. Ein echter Pluspunkt gegenüber vielen ernsten Gartenbüchern ist hier das Layout, bei dem die jeweiligen Pflanzen auch wirklich neben „ihrer“ Textstelle abgebildet sind. Nichts ist nerviger, als die ständige Suche nach dem passenden Bild oder der Zwang, beim Lesen zu googeln. Lehrreich ist auch die Vorstellung vom Lieblingsspaten (S. 74) des einen Autors. Das Modell ist etwas zierlicher als der Standard, gut ausbalanciert und liegt angenehm in der Hand. Ein gutes Beispiel dafür, dass es sich lohnt, verschiedene Modelle auszuprobieren und nicht nur auf das Standardwerkzeug zu vertrauen.

Auch Schottergartenbesitzer kriegen ihr Fett weg und es werden Erklärungen für diese vermeintlich praktische Art der Außenflächengestaltung gesucht – sowohl bei den Kunden als auch bei den Gartenbaubetrieben, die das anbieten. (S. 88ff.) Ziemlich nerdig geht es in den Kapiteln zur Planzenzucht und der Suche nach der besten Sorte zu.

Für ein Gartenproblem, den „das deutsche Lieblingsunkraut“ (S. 153) den Giersch, bietet der Band eine tolle Lösung: die Eindämmung durch Konkurrenz wüchsiger Stauden, die ihm Licht und Nahrung nehmen,

Eine kleine Einführung in das Blackbox Gardening ist auch enthalten. Dabei verwendet man ausschließlich Pflanzen, die sich aussamen und jährlich an neuen Standorten im Garten auftauchen. Um diese Gärten zu gestalten, kann man entweder den Boden bearbeiten und mit dem Boden die Bedingungen für die Pflanzen ändern oder einzelne Pflanzen oder ganze Bestände zu verschiedenen Zeitpunkten entnehmen.

Hier wächst nichts ist ein tolles Geschenk für alle, die sich schon ein bisschen mit der Materie auskennen. Je mehr Hintergrundwissen, desto mehr wird man beim Lesen zu lachen haben. Die beiden Autoren schießen auf alles, was sich bewegt: Gartentrends und Fehler im Umgang mit Pflanzen werden durch den Kakao gezogen. Jonas Reif ist Professor für Pflanzenverwendung und Jörg Pfennigschmidt ist selbstständiger Gartenplaner, der sich auf Staudengärten spezialisiert hat.

Pfennigschmidt, Jörg; Reif, Jonas: Hier wächst nichts. Notizen aus unseren Gärten. Stuttgart: Ulmer Verlag 2017. Hardcover, 191 Seiten. 19,95€ (Link führt zum Onlineshop des Ulmer Verlag)

Ich habe den Band bei einem Gewinnspiel vom Ulmer Verlag auf Instagram gewonnen und unterliege keiner Verpflichtung gegenüber dem Verlag und erhalte keine Provision.

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